Fifties reloaded
Einen interessanten Einblick in die Architektur der Fünfzigerjahre wirft die WirtschaftsWoche mit ihrem Artikel „Fifties reloaded“. Vor dem Hintergrund der Frage : „Abreißen oder erhalten?“ rückt der Fokus, unter anderem am Beispiel des von SSP sanierten Forschungszentrum BiK-F, auf die „die besten Bauten“ der Fünfzigerjahre und erklärt diese als ein wichtiges Spiegelbild „deutscher Geschichte“.
„So schuf der […] Architekt und Designer Ferdinand Kramer in Frankfurt 1954 das Institut für Pharmazie als anmutigen, auf Stützpfeilern schwebenden Gebäudekomplex, der ein fünfgeschossiges Institutsgebäude über zwei Stege mit einem Hörsaalwürfel verbindet. Ein „reiner Zweckbau“, wie Kramer bei der Eröffnungsfeier sagte, „beste Belichtung, genügend Raum für jeden, klare interne Verkehrswege, flexible Energieversorgung in den Laboratorien, gute Akustik der Hörsääle…“
„Als „hätte er es heute geschrieben: das könnte von uns sein“, sagt Thomas Schmidt, Vorstand des Bochumer Architekturbüros SSP SchürmannSpannel, das den Kramer-Bau, seit vergangenem Sommer ein Forschungszentrum für Biodiversität und Klima (BiK-F), im Auftrag der Senckenberg Gesellschaft für 22 Millionen Euro saniert hat. Matthias Solbach, der den Umbau besorgt hat, gefiel nicht nur die „malerische Lage“ im Frankfurter Westen, er war vor allem angetan von der „Ingenieurmäßigen Machart des Gebäudes“. Seine wichtigsten Tugenden: Materialreduktion, Dauerhaftigkeit und Variabilität. Kramer schuf mit bescheidenen Mitteln ein Haus, das nach 60 Jahren kaum Bauschäden aufwies und dank seines Stahlskeletts unterschiedliche Nutzungen aufnehmen kann: „Der Grundriss zwischen Stützen und Decken ist frei gestaltbar“, so Solbach, „man kann die Raumvolumen variabel verteilen“. Dass das Ideal der „konstruktiven Ehrlichkeit“ Schönheit nicht ausschließt, zeigen die Fassaden: Das Betonraster ist hervorgehoben, die Tragstruktur, so Schmidt, fungiert „im Prinzip als ein reduziertes Ornament“, das durch die in Beton gegossenen Sonnenblenden an der Südfassade betont wird: Die sogenannten Brisesoleils verhindern das Aufheizen des Gebäudes.
„Beim benachbarten Philosophicum auf dem Campus Bockenheim, das zwischen 1958 und 1960 erbaute wurde, hat Kramer den Funktionalismus auf die Spitze getrieben: Die einzelnen Bauteile funktionieren wie Module, die nach dem Vorbild des Industriebaus seriell kombiniert werden können, die Materialien Stahl, Beton und Ziegel werden in ihrer nackten, zuweilen abweisenden Materialität gezeigt.“
[WirtschaftsWoche Nr. 14 vom 31.03.2014, Seite 106-109]