Das verdrängte Stilgewissen
Im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung vom 11. März 2014 schreibt Laura Weissmüller über „das verdrängte Stilgewissen“. In ihrem umfangreichen Artikel zeichnet sie das Werk Ferdinand Kramers nach und stellt wichtige Fragen nach dem Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden.
„Das Dogma unserer Zeit, sich auf alles Unvorhersehbare einstellen zu können, hier ist es verwirklicht. Den Beweis dafür liefert das Forschungsinstitut am Rande des Campus, das von dem Bochumer Architekturbüro SSP SchürmannSpannel saniert wurde und seit vorigem Sommer das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) beherbergt. Dank Kramers Konstruktion konnte hier alles bis auf das Treppenhaus und die Decken erneuert werden. Die Forscher von heute konnten also die Struktur von 1957 an ihre Bedürfnisse anpassen. Heraus kamen großzügige und helle Labore. Bei einem Preis, den ein Neubau kaum hätte unterbieten können. Ganz zu schweigen von den Schuttbergen, die bei einem Abriss angefallen wären.
„Hier ist klar geworden, wie sich Kramers Gebäude heute umnutzen lassen“, sagt Fabian Wurm, der einen kundigen Band zur Sanierung des Instituts in der Edition Axel Menges herausgegeben hat. Auch die anderen Bauten ließen sich ohne große Probleme wieder zu neuem Leben erwecken – weil die Häuser wie Regale konzipiert sind: Wenn die alten Inhalte nicht mehr passen, können sie durch neue ersetzt werden. „Es wäre so einfach, das Erbe der Moderne zu erhalten“, sagt Wurm.
Nur muss eine Gesellschaft dafür ein Bewusstsein haben. Doch genau das fehlt in Deutschland: Im ganzen Land steht die Nachkriegsmoderne auf der Abbruchliste. Durch den aktuellen Immobilienboom verschwinden die Häuser dieser Zeit jetzt sogar noch schneller. Besonders in Frankfurt. Egon Eiermanns Hochtief-Verwaltungsgebäude und das Rundschau-Haus sind schon weg, auch das Technische Rathaus und das Historische Museum. „