Denkmalgeschütztes Gymnasium Karl- Heine-Str. Leipzig – Entwurf Erweiterungsgebäude und Umbau
Entwurf einer Erweiterung und Umbau des denkmalgeschützten ehemaligen Schulkomplexes in der Karl-Heine-Straße Leipzig zu einem fünfzügigen Gymnasium.
Bauherr
Stadt Leipzig
Ort
Karl-Heine-Straße, Leipzig
Leistungen
Integrale Planung
- Architektur
- Tragwerksplanung
- Brandschutz
- Baupysik
- Einrichtungsplanung
- Freiraumplanung
Die neunzig Jahre unvollendet verbliebene Disposition des Ritterschen Schulhauses im Palmengarten soll mit der Rekonversion zum fünfzügigen Gymnasium zu einer Synthese geführt werden, die sowohl den Anforderungen des zeitgemäßen Schulhausbaus als auch dem speziellen Gepräge des Orts und seiner historischen Bedeutung gerecht wird. Die vorliegende Arbeit schafft dies mittels Adaption und Verstärkung der vor Ort vorgefundenen Qualitäten.
Gegenüber im Ensemble
Die prominente Lage der Schule im Palmengarten macht den Schulweg zum Ereignis. Wege und von Gehölzen gesäumte Parklichtungen organisieren die Blicke und bestimmen das räumliche Erleben des Flaneurs. Zur Komplettierung des Schul-Ensembles wird diese Grammatik übernommen und adaptiert. In angemessenem Abstand wird dem Bestand im Norden ein Gegenüber aus Gehölz und Bebauung gegeben, welches die räumliche Geste des Hof-Fragments ergänzt und Blickachsen in den Park eröffnet. Die dreigeschossige Kubatur des Neubaus ist in Abwicklung und Höhe gestaffelt, um den feingliedrigen Bestand nicht mit seiner programmbedingten Großmaßstäblichkeit zu übertrumpfen. Das gestaffelte Volumen des Neubaus wird mit einer horizontal zweiteilig gegliederten Fassade umspannt, die durch Proportion und Profilierung den Dialog mit den fein ziselierten Bestandsfassaden sucht. Diese Fassadentextur kommt auch zum Einsatz um die Brandwände des Bestands zu „versiegeln“. Der am Projekt beteiligte bildende Künstler sieht hierzu an Haus E eine Reliefarbeit vor, die mit der langen Blickachse aus dem Norden des Palmengartens korrespondiert. Die Bedeutung des Bestands wird durch die neue räumliche Bestimmtheit gesteigert – aus der langjährigen Rückseite wird das ursprünglich intendierte Zentrum der Schulanlage.
Klassendielen und Stufen-Cluster
Die in der Auslobung festgelegten Raumgrößen bedingen eine an der Klassenstärke orientierte Belegung der Klassenräume, die jede räumliche Flexibilität für die noch unbestimmte pädagogische Konzeption des Gymnasiums massiv einschränkt. Um zeitgemäße Lehrkonzepte umsetzbar zu machen, haben die Verfasser die Raumgrößen der Unterrichtsräume egalisiert. Alle Klassen- bzw. Kursräume befinden sich in den oberen beiden Geschossen der Bestandsbauten A-D. Je Geschoss werden fünf Klassenräume realisiert, die der vorgesehenen Fünfzügigkeit entsprechend als „Klassenwohnung“ genutzt werden können. In jedes Gebäude wird den Anforderungen des Brandschutzes entsprechend, ein weiteres Treppenhaus eingebaut, welches so dimensioniert ist, dass die verbleibenden Flächen jeder „Klassenwohnung“ einer Brandschutz-relevanten Nutzungseinheit entsprechen. In die so zu erhaltenden Schrankwände werden Garderobenspinde eingebaut. Eine Nische erweitert die „Klassendiele“ bis zur Fassade um informell nutzbare Lernbereiche. Die eingebauten Treppen eröffnen eine vertikale Verknüpfung der übereinander liegenden Geschosse und stiften den Sinnzusammenhang für ein mögliches Nutzungskonzept als Stufen-Häuser. Diagonal angeordnete Fenster auf den Podesten der dreiläufigen Treppe machen die Treppen zu Lichtbrunnen für die Klassendielen und eröffnen Durchblicke in die anderen Geschosse. Die an der Struktur der Häuser orientierte Grundrisseinteilung schließt größere Eingriffe in die tragende Struktur des Bestands weitestgehend aus. Die neu zu erstellenden Treppenhäuser können innerhalb der Balkenlage realisiert werden. Aula und Speisesaal werden in Haus E realisiert. In der Aula ist der Bühnenraum durch einen raumhohen Vorhang abzutrennen. Der in einer Aula sinnfällige Flügel und die getroffenen akustischen Maßnahmen ermöglichen die Nutzung der Aula als Musikunterrichtsraum. Im ehemaligen Singsaal wird die Schulbücherei eingerichtet. Die Galerie über dem Speisesaal ist der Lehrerschaft als Pausenbereich vorbehalten. Die Pausenhalle der Schüler befindet sich zwischen den Klassentrakten und kann frei von Brandschutz-technischen Anforderungen situativ möbliert werden. Der Bestandsfassade soll in Materialität und Farbigkeit zu ihrer ursprüngliche Erscheinung verholfen werden. Den bauphysikalischen Erfordernissen kann u.a. durch die Wiedereinführung der Kastenfenster entsprochen werden, in deren Zwischenraum ein Sonnenschutz integriert wird.
Neubau
Im Neubau befinden sich die Sporthalle, die naturwissenschaftlichen und einige der musisch technischen Unterrichtsbereiche, die als Cluster analog zum Bestand als Nutzungseinheiten organisiert sind. Hierdurch können die Vorbereiche der Klassen mit Garderoben versehen, möbliert und dem erweiterten Unterricht zugeführt werden. Ganztagsbetreuung, Fotolabor, das Büro der Schulpädagogen und eine offene Pausenhalle mit Schülerkiosk ergänzen das Erdgeschoss, welches über einen gedeckten Zugang im Westen auch bei schlechtem Wetter trockenen Fußes zu erreichen ist.
Freiraumgestaltung
Die neugestaltete Schulanlage knüpft an die Morphologie des Palmengartens an und vervollständigt den spät- historistischen Landschaftsgarten an seiner südwestlichen Ecke. Das Wegenetz wird durch die Schulanlage fortgeführt. Neben dem Wegenetz zeichnen sich als Folge der parkbezogenen Erschließung inselförmige Außenbereiche um die Schulbauten ab. Einen besonderen Stellenwert kommt den Rändern dieser Inseln zu: Ähnlich den Grünflächen im Palmengartens bilden diese Randbereiche Zonen zur Pflanzung von Bäumen und zur Platzierung von Sitz- und Abgrenzungsmöglichkeiten. Die an die Schulbauten angrenzenden Außenflächen werden mit großformatigen, vorfabrizierten Betonplatten belegt. Diese Hartflächen signalisieren den Nutzern einen den Schulbauten zugeschlagenen Vorbereich, auf denen ein Großteil des Pausen- und Sportprogramms abgewickelt wird. Darüber hinaus garantiert der Plattenbelag dank seines flexiblen Verlegemusters einen situativen und sensiblen Umgang mit dem bestehenden Baumbestand. Weitere prägende Merkmale der Schulanlage sind die Gymnastikwiese mit umlaufenden Sitzrand, der Steg am Fluss und eine aufgewertete Ufervegetation. Die ganzzeitig öffentliche Durchwegung zwischen Karl-Heine-Straße und Palmengarten wird im Südbereich entlang der Luppe geführt. Tore in der Pausenhalle des Bestands und in den Parkzäunen im Osten und Westen der Anlage erlauben die Steuerung der Zugänglichkeit des Schulgeländes. Durch die Staffelung der Kubatur des Neubaus im Grundriss sind alle zu erhaltenden Bäume in ihrem Bestand gesichert.
Tragwerk
Die Bestandskonstruktion soll durch den Umbau so wenig wie möglich verändert werden. Für eine einheitlichere Raumgröße werden wenige tragende Trennwände entfernt. Die Deckenlasten werden durch Stahlträger und Stahlbetonwandpfeiler abgefangen und direkt auf die vorhandene Gründung geführt. Es sind zusätzliche Fluchttreppenhäuser vorgesehen, welche ihre Lasten direkt in die Fundamente führen und die Aussteifungsfunktion der rückgebauten Trennwände übernehmen. Der Neubau besteht aus der Dreifelderturnhalle mit angrenzenden Fachunterrichtsräumen. Diese sind auf zwei dreigeschossige Gebäude verteilt. Die Turnhalle ist eine Stahlbeton- Skelettkonstruktion mit vorgefertigten Spannbetonbindern über 30 m Länge und im Abstand von 7.5 m. Die Binder liegen auf Stahlbetonstützen auf, die über die Bodenplatte die Lasten in die Bohrpfähle abgeben. Die Stützen sind aufgrund des schlechten Baugrundes nicht in die Gründung eingespannt. Die Aussteifung erfolgt durch Wandscheiben in den Giebel- und Längsseiten. Für das Turnhallendach sind Dachkassettenplatten vorgesehen. Sie werden mit einem Überbeton zu einer aussteifenden Scheibe verbunden. Die Gebäude für den Fachunterricht sind ebenfalls Stahlbetonkonstruktionen. Damit wird eine dauerhafte, brandsichere und bauphysikalisch optimale Konstruktion erreicht. Die Spannweiten der Flachdecken betragen bis zu 7.5 m bei einer Plattenstärke von 26 cm. Brüstungen an den Deckenrändern überbrücken die größeren Spannweiten zwischen den Fassadenstützen. Die Flachdecken ermöglichen für die Haustechnik eine günstige Leitungsführung. Für die Deckenplatten kann Recyclingbeton verwendet werden. Die Decken liegen auf Stahlbetonstützen bzw. Wandscheiben auf. Diese werden bis auf die Bohrpfähle geführt. Die Gebäude werden nicht unterkellert. Die Bodenplatten werden in WU-Beton ausgeführt. Es sind Frostschürzen bzw. frostsicheres Material unter den Bodenplatten vorgesehen. Die Aussteifung der Gebäude für den Fachunterricht erfolgt durch Wandscheiben und die Anbindung an die Wände der Turnhalle.
Haustechnik
Das technische Konzept sieht vor die kompletten haustechnischen Anlagen zu erneuern. Für die Schule wird eine neue Zentraleenergieversorgung für Strom, Wasser und Fernwärme sowie für die moderne Kommunikation aufgebaut. Fernwärmeversorgung ist laut Rücksprache mit dem Versorgungsunternehmen im Baugebiet in eineinhalb Jahren möglich, so dass dann aus energetischer Sicht eine Wärmeversorgung aus Kraft/Wärmekoppelung zu Verfügung steht. Die Be- und Entlüftung erfolgt soweit wie möglich über Fenster. In der Turnhalle kommt eine Lüftungsanlage zur Ausführung. Diese wird zonenweise und in Abhängigkeit der Nutzung und der Luftqualität energieoptimiert betrieben. Die Beheizung erfolgt über Deckenstrahlheizkörper. Grundsätzlich werden alle technischen Anlagen soweit sinnvoll nach Nutzung und Belegung ein- und ausgeschaltet, bzw. leistungsmäßig angepasst, um das Schulgebäude energieoptimiert zu betreiben.